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Die Entdeckung der Stadtkultur

Soziologie aus der Erfahrung der Reportage, Campus Bibliothek

Erschienen am 08.10.2007, 1. Auflage 2007
39,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593384825
Sprache: Deutsch
Umfang: 337 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 21.3 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Mit der wachsenden Bedeutung der Städte im globalen Wettbewerb hat auch das Interesse an soziologischer Stadtforschung rapide zugenommen. Unverzichtbarer Referenzpunkt ist die Chicagoer Schule der Stadtsoziologie, die methodische Standards gesetzt hat und deren lebendige Studien des Großstadtlebens aus den 1920er und 30er Jahren bis heute faszinieren. In seinem 1990 erschienen und von der University of Chicago empfohlenen Buch schildert Rolf Lindner die Entstehung und das Vorgehen dieser berühmten Schule. Auf verblüffende Weise arbeitet er dabei die methodische und thematische Nähe der Stadtethnografie zur urbanen Reportage heraus.

Autorenportrait

Rolf Lindner ist Professor für Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität Berlin.

Leseprobe

Die Aufnahme der Entdeckung der Stadtkultur war sowohl im akademischen Milieu als auch in der breiteren Öffentlichkeit überaus freundlich, und dies nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in verschiedenen europäischen Ländern sowie in Kanada und in den USA. Besonders gefreut hat mich, dass die deutsche Erstausgabe 1992, anlässlich des centenary der Universität von Chicago, als einziger fremdsprachlicher Text in eine acht Titel umfassende Auswahlliste von Leseempfehlungen aufgenommen wurde. Inzwischen liegt seit längerem auch eine englischsprachige Ausgabe vor. Auch wenn es eine gemeinsame Schnittmenge innerhalb der Besprechungen gab, die sich interessanterweise nicht zuletzt auf die Lesbarkeit der Studie bezog, verlief die Rezeption doch recht unterschiedlich. Je nach diszi­plinärem Blickwinkel wurden andere Akzente gesetzt: Ein Wissenschaftshistoriker hat nolens volens einen anderen Blick auf die Untersuchung als ein Stadtsoziologe, eine Ethnologin einen anderen als eine Medienwissenschaftlerin. Dass diese verschiedenen Blicke möglich waren, spricht nicht unbedingt gegen die Studie, im Gegenteil: Sie legen unmittelbar Zeugnis ab von ihrem transdisziplinären Zuschnitt. Auch dies wurde von einigen Rezensenten hervorgehoben: Angesprochen fühlen sollten sich, so Gaby Voigt in ihrer Rezension, »all diejenigen, die die Stadt zu ihrem Untersuchungsgegenstand auserkoren haben: Ethno­logInnen, SoziologInnen, KulturanthropologInnen und GeographInnen, für die Fächergrenzen kein Hindernis darstellen« (Voigt 1995, S. 272). Dieser Zuschnitt wurde der Arbeit freilich vom Thema selbst auferlegt, zeigte sich doch bald, dass die Rekonstruktion eines konstitutiven Abschnitts der Soziologiegeschichte entlang der Biographie einer repräsentativen Persönlichkeit, die als spiritus rector der Chicago-Schule gilt, nämlich Robert Ezra Park, an disziplinäre Grenzen stieß. Der Arbeit liegt die Überlegung zugrunde, dass sich die von Park vertretene Richtung der soziologischen Großstadtforschung der Tradition der urbanen Reportage verdankt. Eine solche Überlegung zu fundieren, ist nicht möglich, ohne auf das symbiotische Verhältnis von Großstadt und Presse einzugehen, ohne einen grundlegenden Abriss der modernen amerikanischen Pressegeschichte zu geben und ohne das Milieu zu charakterisieren, aus dem sich der Reporter als eine genuin amerikanische kulturelle Figur herausbildete. Als eine der entscheidenden Fragen hinsichtlich der Genese des für die Chicagoer Schule charakteristischen Feldparadigmas stellte sich schließlich eine heraus, die mit der Soziologiegeschichte wenig oder gar nichts zu tun zu haben schien: die Frage nämlich, warum gegen Ende des 19. Jahrhunderts einige der klügsten jungen philosophischen Köpfe, Harvard-Absolventen mit einer viel versprechenden akademischen Zukunft, die Universität verließen, um in den (schlecht bezahlten) Journalismus zu gehen. Was hat diese »Generationseinheit« im Mannheimschen Sinne dazu geführt oder gar verführt, ihre glänzenden akademischen Aussichten aufs Spiel zu setzen? Zu erklären war dies vor allen Dingen aus dem vitalen Interesse dieser Generation, »to see life«, wie die zeitgenössische Begründungsformel zur Hinwendung zum Großstadtjournalismus als Beruf lautete. Die Antwort, die gegeben wurde, betonte, dass die Jungakademiker, die eine journalistische Laufbahn einschlugen, das Bücherwissen gegen Erfahrungswissen, die Alma Mater gegen die Großstadt als den Ort tauschten, an dem sich das »wirkliche Leben« abspielt. Dieser Tausch wurde ihnen, ohne dass dies in der philosophischen Absicht lag, vom Pragmatismus nahegelegt, dessen Zentrum die Universität Harvard mit ihrem ausgeprägten »antiphilistine sentiment« bildete.

Inhalt

Einleitung 9 Erster Teil I. ''News''. Das Neue und der Reporter17 1. News. Zur Symbiose von Großstadt und Presse17 2. Reportertypen und Reportagegenres23 3. Der Reporter als urbaner Kundschafter44 II. Der Soziologe als City Editor: Robert Ezra Park50 1. Daily News und Thought News50 2. ''... a good work as lieutenant.'' Park in Tuskegee68 3. Großstadt als pars pro toto für Gesellschaft75 4. Ein gewaltiges Forschungsprogramm: ''The City''98 5. Der Soziologe als City Editor116 6. Entlehnung oder Anstoß? Ein Resümee140 III. Reporters-in-Depth. Journalistische und soziologische Studien im Vergleich151 1. Wanderlust und Wanderarbeit: Zur ethnographischen Methode151 2. Niedergang und Karriere: Zur biographischen Methode176 Zweiter Teil Vorbemerkung201 IV. Marginalität und Erfahrung202 1. Marginal Man202 2. Der Wunsch nach Erfahrung 216 V. ''To see life.'' Die kulturelle Unterströmung230 1. ''To see life''230 2. Perspektivenverschiebung 251 VI. Uncle Sam und Young Sammy. Soziologie zwischen Reform und Report 261 Quellenverzeichnis 271 Bibliographie272 Abbildungsnachweis 309 Nachwort zur Neuauflage 2007 310 Personenregister 330 Presseregister 333 Sachregister 334

Schlagzeile

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