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Ich warte auf dich, jeden Tag

Erschienen am 08.05.2022
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783985950164
Sprache: Deutsch
Umfang: 512 S.
Format (T/L/B): 3.6 x 19 x 12.6 cm
Einband: Englische Broschur

Autorenportrait

Christiane Lind hat sich immer schon Geschichten ausgedacht, die sie ihren Freundinnen erzählte. Erst zur Jahrtausendwende brachte sie ihre Ideen zu Papier und ist seitdem dem Schreibvirus verfallen. In ihren Romanen begibt sich Christiane am liebsten auf die Spur von Familien und deren Geheimnissen. Sie lebt in Ahnatal bei Kassel mit unzähligen und ungezählten Büchern, einem Ehemann, drei Katern und einer Katze.

Leseprobe

eseprobe 'Danke.' Lily spürte die Röte in ihrem Gesicht aufsteigen, als sie seinen Blick bemerkte. Mit dem Handtuch fuhr sie durch ihre Haare, die sich in wilden Locken kringelten, wie immer, wenn sie nass wurden. 'Wohnen Sie schon lange hier?', fragte sie. 'Seit Beginn meines Studiums.' So nah, wie Alexander bei ihr stand, nahm sie den leisen Hauch eines exotischen Rasierwassers wahr. 'Warten Sie. Hier ist noch eine nasse Stelle.' Vorsichtig nahm er ihr das Handtuch aus der Hand, um ihren Nacken damit zu trocknen. Sie hielt den Atem an und war sich seiner Nähe, seiner warmen Hände, die so vorsichtig über ihren Hals strichen, nur zu deutlich bewusst. Schließlich hielt sie die Spannung nicht mehr aus und trat zwei Schritte nach vorn an den Sekretär heran. Um ihre Unsicherheit zu überspielen, nahm Lily das Porträtfoto einer Frau in die Hand, das auf dem Sekretär stand. IGroße, wie man so sagte, seelenvolle Augen blickten ihr entgegen. Das dunkle Haar war zu einer eleganten Frisur hochgesteckt, auf den Lippen lag ein leicht ironisches Lächeln, als wüsste die Frau, dass sie jeden Blick auf sich zog. 'Wer ist das?' Sie wandte sich zu Alexander um. 'Ihre Verlobte?' 'Meine Mutter. Sie war Schauspielerin.' Er trat einen Schritt näher an Lily heran. Sie trat einen weiteren Schritt zurück und fühlte sich in einem Tanz gefangen, dessen Schrittfolge ihr unvertraut war. 'Folgen Sie mir in die Küche. Ich habe Ihnen einen Kaffee und eine Katze versprochen.' 'Sie wohnen hier wirklich allein?', konnte Lily nicht umhin zu fragen, denn in dieser Küche hätte gut und gern ihre gesamte Familie samt Oma Bertha und Opa Willy Platz gefunden. 'Jetzt nicht mehr', antwortete er mit einem Lächeln. Neben dem großen Herd, der eine angenehme Wärme ausstrahlte, erkannte Lily einen halbrunden geflochtenen Korb, der mit Pullovern ausgepolstert war. Beinahe hätte sie die Katze übersehen, die sich tief in die Kleidungsstücke eingegraben hatte. Nur das grüne Funkeln der Augen verriet das Tier. 'Mein Kätzchen, wie geht es ihr? Oder ist es ein Kater?' Lily ging vor dem Korb auf die Knie, was die Katze dazu veranlasste, aus tiefer Kehle zu grollen. 'Oh. Ich scheine nicht erwünscht zu sein.' 'Ja. Vorsicht.' Alexander Kirchner lächelte. 'Es ist eine Sie und sie hat sehr klare Vorstellungen davon, was ihr gehört. Ach ja, Dankbarkeit ist nicht ihre stärkste Eigenschaft.'

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