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Von Natur und Herrschaft

'Natura' und 'Dominium' in der politischen Theorie des 13. und 14. Jahrhunderts, Schwächediskurse und Ressourcenregime-Discourses of Weakness & Resource Regimes 3

Erschienen am 07.09.2018, 1. Auflage 2018
46,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593509037
Sprache: Deutsch
Umfang: 357 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 21.6 x 14.2 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Potestas (Macht) und "dominium" (Herrschaft) waren zentrale Begriffe der politischen Theorie des späten 13. und frühen 14. Jahrhunderts. Wie wurde Herrschaft damals begründet? Lässt sich in Europa in dieser Zeit - kurz nach der Wiederentdeckung der "Politik" des Aristoteles - die Herausbildung einer eigenständigen "politischen Wissenschaft" als Teildisziplin der praktischen Philosophie beobachten?

Autorenportrait

Matthias Lutz-Bachmann ist Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt am Main. Delphine Carron, Dr. phil., ist wiss. Mitarbeiterin am Philosophischen Seminar der Universität Zürich. Anselm Spindler, Dr. phil., ist wiss. Mitarbeiter am SFB 1095 an der Universität Frankfurt am Main. Marco Toste ist wiss. Mitarbeiter am SFB 1095 an der Universität Frankfurt am Main.

Leseprobe

Politische Theorie und Praktische Vernunft: Thomas von Aquin als Kommentator und Kritiker der Politik des Aristoteles Matthias Lutz-Bachmann 1. Aristoteles gilt aus gutem Grund neben seinem Lehrer Platon als Begründer der Disziplin der Politischen Philosophie. Sie hat bis heute eine fortdauernde und grundlegende Bedeutung für unser Verständnis von Politik. Der Politischen Philosophie schrieb Aristoteles die Aufgabe zu, die Eigenart des menschlichen Handelns im komplexen Sozial- und Herrschaftsverband der griechischen Polis seiner Zeit näher zu bestimmen. Dabei versteht Aristoteles - anders als Platon - den Inhalt der Politischen Philosophie nicht als eine Gestalt von "spekulativer Theorie" (theoria), sondern vielmehr als ein "praktisches Wissen", als ein "Handlungswissen", das aus den Erfahrungen gewonnen werden soll, die die freien Bürger des griechischen Stadtstaats in der politischen Interaktion miteinander machen. Diesen Grundzug eines aus der Handlungserfahrung gewonnenen "praktischen Wissens" teilt die Politische Philosophie mit der Ethik (oder Moralphilosophie), von der Aristoteles sagt, dass sie, die Ethik, nur ein Teil der umfassenderen Doktrin der Politischen Philosophie sei. Der von der Ethik wie von der Politischen Philosophie insgesamt vertretene Typ des Wissens, das "Handlungswissen", unterscheidet Aristoteles scharf vom "theoretischen Wissen" der spekulativen Wissenschaften wie der Physik (also der Naturphilosophie), der Mathematik und der Metaphysik. Die Unterscheidung von "praktischem Wissen" und "theoretischem Wissen", von "Handlungswissen" und "Theoriewissenschaft" stützt Aristoteles auf wissenschaftslogische und erkenntnispsychologische Gründe, die ihn veranlassen, das Erkenntnis- und Wissenschaftsideal der platonischen Ideenlehre zu kritisieren. Diese habe nicht bedacht, dass das Erkenntnisprogramm der Ideenlehre im Fall der handlungsbezogenen Disziplinen scheitern muss, da die methodische Abstraktion von den konkreten Handlungssubjekten und den sich beständig ändernden Handlungsumständen, wie sie im rein begriffstheoretischen Zugriff der spekulativen Wissenschaftseinstellung unvermeidlich sei, die Theorie in die Irre führt. Dagegen stellt Aristoteles das Wissenschaftskonzept des "praktischen Wissens". Es zielt nicht auf eine Erkenntnis nach Art der exakten mathematischen Wissenschaft, sondern auf ein Typos- oder Grundriss-Wissen. Darunter versteht Aristoteles eine notwendigerweise eher allgemeine, nicht weiter präzisierbare Aussage zu häufig wiederkehrenden, aber keineswegs zwingenden Konstellationen, Handlungssituationen, Einstellungen von Handlungssubjekten und/oder Handlungsmaximen, die zu einer gewissen Verallgemeinerung Anlass geben. Diese Verallgemeinerung aber führt bei Aristoteles niemals zu einer Form von Wissen, dessen Resultat in irgendeiner Form Notwendigkeit beanspruchen könnte, somit auch keine notwendige Verpflichtung. Die aus der praktischen Erfahrung gewonnenen Einsichten verhelfen dem Handelnden aber nur dann zu einer Verbesserung seiner Praxis, wenn er bedenkt, dass sie der Komplexität und Konkretheit der wirklichen Handlungswelt nur näherungsweise entsprechen. Mit diesem Wissenskonzept des praktischen Wissens verbindet Aristoteles die Annahme eines dem "Gegenstand" dieses Wissens einzig adäquaten Präzisionsgrads. Die Vorstellung Platons aber, dass es in der Politischen Philosophie letztendlich darum gehen müsse, das "Ideal" eines gerechten Staatswesens zu beschreiben, dem wir in unserem politischen Handeln die richtige Orientierung entnehmen können, wird von Aristoteles abgewiesen. Ebenso kritisiert er die platonische Forderung, dass die Philosophen, die sich um die reine Theorie oder die Schau der Ideen bemühen, als die "Könige" den Staat lenken sollen. Nicht der Theoretiker, sondern der wohlberatene Praktiker soll Aristoteles zufolge in der Politik handeln. Und hierzu bedarf es einer von den Erfahrungen der Praxis ausgehenden und auf eine besser gelingende Praxis hinzielend

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