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Schlichte Gedichte

Erschienen am 03.02.2003
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783552052222
Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 20 x 20 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Österreichs bekannteste und beliebteste Volksdichterin Trude Marzik legt einen neuen Gedichtband vor: ganz Neues und ganz Klassisches. Treffend und lakonisch beschreibt Trude Marzik ihr Wien: liebevoll, doch mit kritischem Scharfblick, heiter, doch mit Ironie. Die Schönheiten und die Weniger-Schönheiten, die Spezialitäten und Besonderheiten Wiens stehen im Mittelpunkt: das Flair der verschiedenen Bezirke, die skurrilen Denkmäler, die Friedhöfe samt Ehrengräbern, denen in Wien eine sehr lebendige Rolle zukommt, die Vorstadt und natürlich die Heurigen.

Autorenportrait

Trude Marzik, geboren 1923 in Wien, publiziert seit mehr als dreißig Jahren Gedicht- und Prosabände im Zsolnay Verlag. Zuletzt erschienen: Schlichte Gedichte (2003), Mütter und Großmütter (2005) und Meine Lieblingsgedichte (2008). Trude Marzik ist im Dezember 2016 im Alter von 93 Jahren verstorben.

Leseprobe

Der Pfau Der Schönheit, die ihm Gott gegeben, der Schönheit nur weiht er sein Leben. Er liebt den Beifall, schlägt sein Rad und trägt, stolz, wie ein Potentat, auf seinem Kopf, der etwas klein, ein Krönelein.Doch plötzlich stellt man fest beklommen: Nichts auf der Erde ist vollkommen! Kaum läßt er tönen seinen Schrei, ist's mit der Schönheit schon vorbei. Die Stimme, die ist miserabel.Sei schön - doch bitte: Halt den Schnabel!Schlafen Ausreichend schlafen, das muß sein. Ein Kind sieht sowas gar nicht ein. Da ist die höchste Seligkeit: Aufbleiben dürfen, lange Zeit! Es fürchtet, wenn es schläft und träumt, daß es was Wichtiges versäumt.Ist man erwachsen und verliebt, erhofft man, daß es sich ergibt, zu hüpfen möglichst bald ins Bett - zu zweit ist's dort so richtig nett. Zwar ist man auf das Bett erpicht, aufs richtig Schlafen eher nicht.Ein Mensch, wie's im Beruf so geht, findet ins Bett meist viel zu spät. In mancher kummervollen Nacht hat Streß ihn um den Schlaf gebracht, und wenn er in den Spiegel blickt am Morgen, ist er nicht erquickt.Im Alter, auch wenn man nicht möcht, schläft man nur kurz und eher schlecht, weil man, so heißt es, in der Tat nur wenig Schlaf mehr nötig hat. Das Aufstehn in der Früh ist dann erfrischend (wenn man es noch kann.). Man freut sich dran als Optimist, daß man heut noch am Leben ist. Ein alter Dackel Wer jung ist, hat's im Leben leicht, weil er ganz ohne Müh erreicht, daß er geliebt wird. (Auch ein Lackerl verzeiht man einem kleinen Dackerl.) Wer alt ist, hat's im Leben schwer. Man ist kein junges Hunderl mehr. Die Straße riecht nicht mehr so richtig, drum wird man öfter mieselsüchtig, man hat's im Kreuz, ist viel zu rund, mit einem Wort, kein junger Spund. Am Bauch läßt man sich ungern kraulen, weil's peinlich ist, da muß man jaulen. Man zittert. Auch, wenn's gar nicht kalt. Was hilft's. Man wird schön langsam alt. Die Füß tun weh. Dann ist man grantig und gegen die Kollegen hantig. Die Schnauze wird allmählich grau. Das Leben kennt man nun genau:Die Menschen, die dich jetzt noch mögen, tun's nicht mehr nur der Schönheit wegen. Die Schönheit nämlich kann vergehn. Die wahre Liebe bleibt bestehn.Beckett, »Warten auf Godot« Des Bühnenbild gibt net viel her: nur a Bam, sunst alles leer. Mit Personen tans aa sparn: Zerscht nur zwa zernepfte Narrn, warten, kaner waaß, wieso, auf an gwissen Herrn Godoo. Wer er is und was er is, wann er kummt, is ungewiß. Allweil is von ihm die Red: Kummt er? Kummt er? Oder kummt er net?Dann kummt a brutaler Herr, da verstehst erscht recht nix mehr, zaht am Strick hinter sich nach aan, der ziemlich geistesschwach. Der brutale Herr wird blind, manchmal taucht aa auf a Kind, des sagt, kaner waaß, wieso, morgen kommt der Herr Godoo. Wer er is und was er is, ob er kummt, is ungewiß. Allweil is von ihm die Red. Kummt er? Kummt er? Oder kummt er net?Bis jetzt is des sterbensfad. Die zwa Sandler, desperat, haben net länger warten wolln und sie tan an Strick sich holn. Selbstmord des wär's End vom Stück, hofft ma. Aber's reißt der Strick, und sie warten immer no auf den gwissen Herrn Godoo. Wer er is und was er is, wann er kummt, is ungewiß. I geh ham, mir wird's zu blöd. Kummt er? Kummt er? Oder kummt er net? Leseprobe