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Gerettet – zerbrochen

Das Leben des jüdischen Flüchtlings Rolf Merzbacher zwischen Verfolgung, Psychiatrie und Wiedergutmachung

Erschienen am 01.06.2011
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783034010641
Sprache: Deutsch
Umfang: 229
Format (T/L/B): 23.0 x 16.0 cm

Beschreibung

Die in Württemberg lebenden Eheleute Julius und Hilde Merzbacher bringen ihren dreizehnjährigen Sohn Rolf 1937 in die Schweiz. Während er und sein Bruder Werner die nationalsozialistische Judenverfolgung im Exil überleben, bleiben die Eltern in Deutschland zurück und werden in Lublin-Majdanek ermordet. Rolf Merzbacher arbeitet ab 1940 in der Thurgauer Landwirtschaft und im Emigrantenlager. Der Jugendliche leidet unter Konzentrationsstörungen und beginnt 1942 eine Psychotherapie. 1944 tritt er in die Psychiatrische Klinik Münsterlingen ein. Von der Elektroschockbehandlung erhofft er sich die Heilung seines Leidens, dessen Ursache vorerst rätselhaft bleibt. Schliesslich diagnostiziert die Klinik Schizophrenie. Nach dem Krieg wollen die Thurgauer Behörden den unerwünschten Juden loswerden. Er wird in den Kanton Graubünden verlegt und bleibt bis zu seinem Tod 1983 in psychiatrischer Pflege. In den 1950er Jahren fragt sich sein ehemaliger Arbeitgeber, ob man sich nun Vorwürfe machen müsse. Und die deutschen Wiedergutmachungsbehörden haben in den 1960er Jahren zu beurteilen, ob es zwischen Merzbachers Krankheit und der Judenverfolgung einen Zusammenhang gebe. Rolf Merzbachers Schicksal wird anhand von Selbstzeugnissen, von Akten der Psychiatrie, Polizei, Flüchtlingsfürsorge und der Wiedergutmachungsverfahren sowie aufgrund von Interviews mit Zeitzeugen dargestellt. Der Einzelfall wird in seinem historischen Zusammenhang untersucht und gibt Einblick in die schweizerische Flüchtlingspolitik, die Psychiatrie der 1940er Jahre und die Logiken der Wiedergutmachung.

Autorenportrait

Gregor Spuhler Gregor Spuhler, Dr. phil., Historiker, ist Leiter des Archivs für Zeitgeschichte der ETH Zürich. Er war Mitglied der wissenschaftlichen Projektleitung der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz–Zweiter Weltkrieg (UEK), Projektleiter des UEK-Berichts über 'Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus'.

Inhalt

Die Geschichte erzählen Die Quellen Biografie und Fallrekonstruktion Daten und Schauplätze 1 Heimat und Vertreibung: Öhringen (1884–1938) Vom Land in die Stadt Dr. Julius Merzbacher 'Machtergreifung' Gewalt in der Provinz Die Vertreibung 2 Auf dem Weg ins Exil: Konstanz und Kreuzlingen (1938–1940) Vorbereitung der Emigration Kinderhilfe Trennung von den Eltern Gedanken zur Berufswahl Der Onkel in Amerika 3 Deportation der Eltern: Gurs (1940–1942) Ein Lager in Frankreich Briefe der Hoffnung Sorgen um die Kinder 4 Emigrantenleben: Kreuzlingen, Davesco, Tägerwilen (1940–1944) Lebenswelt, Selbstzeugnisse, Krankenakten Arbeit in der Landwirtschaft Berufswunsch Laborant Ersatzfamilien Exkurs: Schweizerische Lager im Krieg Davesco Tägerwilen Der Traum von den Kleidern Entscheidung für die Klinik 5 Ärztliche Hilfe: Münsterlingen (1942–1945) Psychiatrie in Münsterlingen Psychotherapie In der Klinik Vom rätselhaften Patienten zum typischen Fall Todesnähe 6 Ausweisung eines Unerwünschten: Frauenfeld (1945–1951) Umstrittene Unterstützungspflichten Thurgauer Vertreibungspolitik Die Kostenfrage als Kaschierung der Prinzipienfrage 7 Wiedergutmachung: Freiburg, Karlsruhe, Zürich (1948–1973) Vielfältige Entschädigungsfragen Rückerstattung von Vermögenswerten Das Todesdatum der Eltern Wiedergutmachung psychischer Schäden Ein verfolgungsbedingtes Leiden 8 Wege der Erinnerung Münsterlingen Frauenfeld Öhringen Den Fall verstehen Emigrant im Thurgau Patient in Münsterlingen Opfer nationalsozialistischer Verfolgung

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